Westbalkan-Sondertreffen beschließt 17-Punkte-Plan

Auf einem von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einberufenen Sondertreffen haben sich die Staats- und Regierungschefs in der Nacht zum 26.10.2015 darauf geeinigt, angesichts der wachsenden Notlage auf der Migrationsroute über den Westbalkan unmittelbare operative Abhilfemaßnahmen zu treffen.


"Die betroffenen Länder sollten nicht nur übereinander – und schon gar nicht aneinander vorbei – reden, sondern miteinander sprechen. Nachbarn sollten zusammenarbeiten – nicht gegeneinander. Wir müssen für eine humane Behandlung der Flüchtlinge entlang der Westbalkanroute sorgen, um eine humanitäre Tragödie in Europa zu verhindern", sagte Präsident Juncker nach dem Treffen. "Ich freue mich daher, dass wir uns heute auf einen 17-Punkte-Plan mit pragmatischen, operativen Maßnahmen einigen konnten, um die Menschen in Regen und Kälte nicht alleine zu lassen." Juncker wird die Ergebnisse am 27.10.2015 ab 10 Uhr im Europäischen Parlament vorstellen. Unmittelbar nach dem Sondertreffen hat Kroatien am 26.10.2015 den EU-Katastrophenschutzmechanismus aktiviert, um winterfeste Zelte, Decken und Sanitäranlagen anzufordern.

Die vereinbarten operativen Maßnahmen dienen zur Bewältigung von drei zentralen Herausforderungen.


1. Schutz gewähren

Die vordringlichste Notwendigkeit besteht darin, für Unterkünfte zu sorgen und eine menschliche Behandlung der Migranten entlang der Westbalkanroute zu gewährleisten.

  • Die Staats- und Regierungschefs sagten zu, für vorübergehende Unterkünfte, Nahrungsmittel, medizinische Versorgung, Wasser und die Sanitärversorgung zu sorgen. Wenn die nationalen Kapazitäten nicht ausreichen, soll das EU-Katastrophenschutzverfahren eingeleitet werden.
  • Die Politiker begrüßten die Absicht Griechenlands, seine Aufnahmekapazitäten bis Ende des Jahres auf 30 000 Plätze zu erhöhen, und versprachen Hilfe für Griechenland und den UNHCR bei der Bereitstellung von Mietzuschüssen und Gastfamilienprogrammen für mindestens 20 000 weitere Menschen.
  • Der UNHCR sagte zu, die Maßnahmen zur Erweiterung der Kapazitäten zu unterstützen. Zusätzliche Kapazitäten für 50 000 Menschen sollten es ermöglichen, das Management der Flüchtlingsströme zu verbessern und die Maßnahmen besser zu planen.
  • Der UNHCR wird diese Maßnahmen voll unterstützen und so die humanitäre Hilfe für Hilfsbedürftige erhöhen.


2. Gemeinsames Management der Migrationsströme

Der einzige Weg, in der derzeitigen Situation Ordnung zu schaffen, besteht darin, die unkontrollierten Flüchtlingsströme zu verlangsamen.

  • Die Staats- und Regierungschefs verpflichteten sich, Informationen über die Flüchtlingsströme auszutauschen und
  • von unilateralen Maßnahmen abzusehen, deren Auswirkungen unweigerlich von anderen Ländern getragen werden müssten. Dazu werden in allen Ländern bis morgen nationale Kontaktstellen für den Informationsaustausch auf Regierungsebene benannt.


3. Grenzmanagement

Die Staats- und Regierungschefs verpflichteten sich, ihre Maßnahmen zum Grenzmanagement besser zu koordinieren. Dazu werden

  • unmittelbare vertrauensbildende bilaterale Maßnahmen in Bezug auf die Grenzen getroffen, insbesondere was eine verstärkte Zusammenarbeit an der Grenze zwischen Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien betrifft, und
  • im Wege der bilateralen Unterstützung innerhalb einer Woche 400 Polizeibeamte und die notwendige Ausrüstung für Slowenien bereitgestellt.

Gipfelteilnehmer waren die Staats- bzw. Regierungschefs Albaniens, Österreichs, Bulgariens, Kroatiens, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Deutschlands, Griechenlands, Ungarns, Rumäniens, Serbiens und Sloweniens sowie der Präsident des Europäischen Parlaments, der Präsident des Europäischen Rates, Vertreter des derzeitigen und kommenden Vorsitzes des Rats der Europäischen Union und der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen. Ebenfalls vertreten waren die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Frontex) und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO).