Verfahren wegen mangelhafter Umsetzung des EU-Asylrechts

Die EU-Kommission hat am 10.12.2015 acht Vertragsverletzungsverfahren wegen der mangelhaften Umsetzung der EU-Asylvorschriften verschärft. Betroffen sind Griechenland, Kroatien, Italien, Malta und Ungarn.

Die Beschlüsse betreffen Griechenland, Kroatien, Italien, Malta und Ungarn. Im Falle Ungarns bezieht sich das Vertragsverletzungsverfahren auf die kürzlich verabschiedeten ungarischen Asylrechtsvorschriften. Den Beschlüssen vom 10.12.2015 gingen 40 Beschlüsse voraus, die am 23. September 2015 zusätzlich zu den 34 bereits anhängigen Fällen wegen potenzieller oder tatsächlicher Verstöße gegen das Gemeinsame Europäische Asylsystem erlassen worden waren. Die Kommission wird die Vertragsverletzungsverfahren zügig und effizient weiter betreiben, um die vollständige Einhaltung der EU-Vorschriften in diesem Bereich sicherzustellen.
Die Europäische Kommission hat Ungarn nun ein Aufforderungsschreiben übermittelt, mit dem ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der kürzlich verabschiedeten ungarischen Asylrechtsvorschriften eingeleitet wird. Nach Auffassung der Kommission sind einige der ungarischen Asylrechtsvorschriften nicht mit dem EU-Recht (insbesondere Neufassung der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU) und Richtlinie über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (Richtlinie 2010/64/EU)) vereinbar.

Die Kommission fordert außerdem Griechenland, Kroatien und Italien mit Nachdruck zur korrekten Anwendung der Eurodac-Verordnung auf, nach der von Asylsuchenden Fingerabdrücke zu nehmen und die Daten innerhalb von 72 Stunden an das Zentralsystem von Eurodac zu übermitteln sind. Die ordnungsgemäße Anwendung der Eurodac-Verordnung ist für das Funktionieren des Dublin-Systems und der EU-Umverteilungsregelungen unerlässlich. Die Europäische Kommission hatte im Oktober Mahnschreiben an Griechenland, Kroatien und Italien gerichtet. Zwei Monate später ist festzustellen, dass die betreffenden Mitgliedstaaten den Mahnschreiben nicht nachgekommen sind. Die Europäische Kommission hat deshalb heute beschlossen, an Griechenland, Kroatien und Italien Aufforderungsschreiben zu richten (und damit die erste Stufe des förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens einzuleiten).

Die Kommission fordert zudem Griechenland und Malta dringend auf, die nationalen Maßnahmen mitzuteilen, die sie zur vollständigen Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie, in der gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes festgelegt sind, und der Richtlinie über Aufnahmebedingungen, die die Leistungen für Asylbewerber in der Zeit während der Prüfung ihres Asylantrags regelt, ergriffen haben. Griechenland und Malta haben noch nicht alle erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen mitgeteilt. Am 23. September 2015 gingen wegen der Asylverfahrensrichtlinie Aufforderungsschreiben an Griechenland, Malta und 16 andere Mitgliedstaaten. Am selben Tag gingen Aufforderungsschreiben an Griechenland, Malta und 17 weitere Mitgliedstaaten wegen der Richtlinie über Aufnahmebedingungen. Trotz dieser Aufforderungen haben Griechenland und Malta der Kommission ihre Umsetzungsmaßnahmen noch nicht mitgeteilt. Die Kommission hat deshalb heute beschlossen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an Griechenland und Malta zu richten.

Hintergrund

Eurodac ist eine europäische Datenbank zum Abgleich der Fingerabdruckdaten von Asylbewerbern, die seit 2003 besteht. Wenn jemand Asyl beantragt oder bei der irregulären Einreise in die EU aufgegriffen wird, müssen Fingerabdrücke genommen und dem Eurodac-Zentralsystem übermittelt werden. Mit der Neufassung der Eurodac-Verordnung, die am 20. Juli 2015 in Kraft trat, ist das System aktualisiert worden, um insbesondere sicherzustellen, dass Daten innerhalb von 72 Stunden an das Zentralsystem übermittelt werden, um auf gewisse Datenschutzanliegen einzugehen und Terrorismus und Schwerkriminalität wirksamer bekämpfen zu können.
Die Asylverfahrensrichtlinie regelt, wie Asyl beantragt wird, wie der Antrag geprüft wird, welche Hilfe der Asylbewerber erhält, welche Rechtsschutzmöglichkeiten er hat und wie mit Mehrfachanträgen zu verfahren ist. Sie gilt für alle Anträge auf internationalen Schutz, die im Hoheitsgebiet – auch an den Grenzen, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen – der Mitgliedstaaten gestellt werden. Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, diese Richtlinie bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen und der Kommission die nationalen Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen (mit Ausnahme des Artikels 31 Absätze 3 bis 5, die bis 20. Juli 2018 umzusetzen sind).
Die Richtlinie über Aufnahmebedingungen regelt die Leistungen für Asylbewerber in der Zeit während der Prüfung ihres Asylantrags. Sie stellt den Zugang der Antragsteller zu Unterkunft, Verpflegung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung sowie zu medizinischer und psychologischer Versorgung sicher und sorgt dafür, dass jeder Gewahrsam von Antragstellern stets mit den Grundrechten vereinbar ist und die Ingewahrsamnahme schutzbedürftiger Personen, insbesondere Minderjähriger, beschränkt wird. Die Mitgliedstaaten hatten die Richtlinie bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen und die nationalen Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen.