Staatliche Beihilfen: Kommission geht gegen belgische Steuervorteile für multinationale Unternehmen vor

Die Kommission hat am 12.01.2016 die belgische Steuerregelung, nach der selektive Steuervergünstigungen für Gewinnüberschüsse gewährt werden, nach den EU-Beihilfevorschriften für unzulässig befunden.

Mindestens 35 multinationale Unternehmen, größtenteils aus der EU, haben diese Regelung in Anspruch genommen und müssen nun Rückforderungen von insgesamt rund 700 Mio. Euro an Belgien nachzahlen.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Belgien hat bestimmten multinationalen Unternehmen erhebliche Steuervorteile gewährt, die gegen die EU-Beihilfevorschriften verstoßen. Dadurch werden kleinere Konkurrenten, die nicht Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe sind, im Leistungswettbewerb benachteiligt.

Es gibt viele legale Möglichkeiten, über die die EU-Mitgliedstaaten verfügen um Investitionen zu fördern, und es gibt viele gute Gründe dafür, in der EU zu investieren. Wenn ein Mitgliedstaat jedoch bestimmten multinationalen Unternehmen unzulässige Steuervergünstigungen gewährt, die es ihnen ermöglichen, den Großteil ihrer tatsächlich erzielten Gewinne nicht zu versteuern, dann schadet dies dem fairen Wettbewerb in der EU und letztlich auch den EU-Bürgern erheblich.“

Durch die belgische Steuerregelung für Gewinnüberschüsse, die seit 2005 in Kraft ist, erhielten bestimmte Unternehmen multinationaler Gruppen die Möglichkeit, auf der Grundlage von Steuervorbescheiden in Belgien wesentlich weniger Steuern zu zahlen. Im Rahmen der Regelung wurde die Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage der betreffenden Unternehmen um 50 bis 90 Prozent verringert, um den sogenannten „Gewinnüberschuss“ auszugleichen, der angeblich auf ihre Zugehörigkeit zu einer multinationalen Gruppe zurückzuführen ist. Die von der Kommission im Februar 2015 eingeleitete eingehende Untersuchung ergab, dass die Regelung von der üblichen Praxis nach dem belgischen Körperschaftsteuerrecht und dem sogenannten Fremdvergleichsgrundsatz abweicht. Dies ist nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig.

Die Steuerregelung für Gewinnüberschüsse, die von den belgischen Finanzbehörden unter dem Label „Only in Belgium“ beworben wurde, kam nur bestimmten multinationalen Konzernen zugute, denen auf der Grundlage der Regelung ein Steuervorbescheid ausgestellt wurde. Ausschließlich in Belgien tätige, eigenständige (d. h. nicht zu einer Unternehmensgruppe gehörende) Unternehmen konnten diese Vorteile hingegen nicht in Anspruch nehmen. Die Regelung bewirkt eine sehr schwerwiegende Verzerrung des Wettbewerbs im EU-Binnenmarkt, die eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen betrifft.

Bei den durch die Regelung begünstigten multinationalen Unternehmen handelt es sich vornehmlich um europäische Unternehmen. Sie sich es auch, die den Großteil der eigentlich geschuldeten Steuern aufgrund der Regelung vermeiden konnten. Diesen Anteil muss Belgien nun von den begünstigten Unternehmen nacherheben. Die Kommission beziffert die Steuerschuld auf rund 700 Mio. Euro.

Seit Einleitung des Prüfverfahrens im Februar 2015 hat Belgien die Regelung für Gewinnüberschüsse ausgesetzt und keine neuen Steuervorbescheide nach dieser Regelung gewährt. Jedoch haben Unternehmen, die seit Einführung der Regelung im Jahr 2005 bereits Steuervorbescheide erhalten hatten, die Regelung weiter in Anspruch genommen.

Mit dem Beschluss der Kommission wird Belgien angewiesen, die Regelung für Gewinnüberschüsse nicht mehr anzuwenden. Um den ungerechtfertigten Vorteil, der den Begünstigten durch die Regelung gewährt wurde, aufzuheben und den fairen Wettbewerb wiederherzustellen, muss Belgien außerdem von den mindestens 35 multinationalen Unternehmen, die von der unzulässigen Regelung profitiert haben, die nicht gezahlten Steuerbeträge nacherheben. Nun müssen die den belgischen Steuerbehörden ermitteln, welche Unternehmen tatsächlich von der unzulässigen Steuerregelung profitiert haben und welche genauen Steuerbeträge nachträglich von den einzelnen Unternehmen zu erheben sind.