Flüchtlinge: Juncker fordert Verzicht auf einseitige Maßnahmen

Bei einem Treffen mit Staats- und Regierungschefs der Westbalkanländer am Mittwochabend hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die EU-Staaten aufgerufen, auf einseitige Maßnahmen zu verzichten.

Im Bezug auf die österreichische Entscheidung zur Begrenzung der Flüchtlingsaufnahme sagte Juncker, am 18.02.2016,: "Ich mag diese Entscheidung nicht. Wir stellen in Frage, ob diese Entscheidung mit EU-Recht vereinbar ist und prüfen dies aktuell. Ich werde am Nachmittag mit Bundeskanzler Faymann darüber sprechen." Gleichzeitig haben Slowenien, Kroatien, Serbien und der früheren jugoslawischen Republik Mazedonien vor einer humanitären Flüchtlingskrise in ihren Ländern gewarnt und sprachen sich dagegen aus, dass Länder einseitige Maßnahmen ohne Absprachen treffen. Juncker machte nochmals klar, dass die Beschlüsse zur Umverteilung der Flüchtlinge in der EU unbedingt umgesetzt werden müssten. Die Flüchtlingskrise ist neben der Diskussion über den Verbleib Großbritanniens in der EU Hauptthema des heute beginnenden EU-Gipfeltreffens.

Während einer Pressekonferenz mit Parlamentspräsident Martin Schulz betonte Juncker: "Es ist wichtig, dass das umgesetzt wird, was beschlossen wurde." Zum zweiten Hauptthema des Gipfels, den Verhandlungen mit Großbritannien über ein Reformpaket, sagte Juncker: "Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir einen Deal mit Großbritannien haben werden."

Vor dem EU-Gipfel findet ein Treffen der Europäischen Volkspartei statt, an dem neben Kommissionspräsident Juncker auch Ratspräsident Tusk, Parlamentspräsident Schulz, Bundeskanzlerin Merkel, der bulgarische Premierminister Borissov, der rumänische Präsident Iohannis, der irische Premierminister Kenny, der ungarische Premierminister Orbán und der spanische Premierminister Rajoy teilnehmen werden. Präsident Juncker wird die Teilnehmer an die jüngst von der EU-Kommission unternommenen Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise erinnern und über die Treffen der letzten Tage, einschließlich des gestrigen Treffens mit den Westbalkanländern sowie das erste Treffen des Lenkungsausschusses zur Flüchtlingsfazilität für die Türkei, das ebenfalls gestern stattfand.

Flüchtlingsfazilität für die Türkei

An dem ersten Treffen des Lenkungsausschusses zur Flüchtlingsfazilität für die Türkei nahmen Vertreter der EU-Kommission und aller EU-Mitgliedstaaten sowie der Türkei teil. Die ersten Projekte, die durch die Flüchtlingsfazilität in der Türkei unterstützt werden sollen, werden in Kürze zur Genehmigung durch die zuständigen Ausschüsse vorgelegt. Die Flüchtlingsfazilität in Höhe von 3 Mrd. Euro soll direkt syrischen Flüchtlingen in der Türkei zugutekommen und ihnen vor allem einen besseren Zugang zu Bildungs- und Gesundheitsleistungen ermöglichen.

Mogherini und Hahn zum Attentat in Ankara

Nach dem Attentat in der türkischen Hauptstadt Ankara am Mittwochabend ist das geplante Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu über Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise abgesagt worden. Die EU-Außenbeauftrage Federica Mogherini und der für Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik zuständige Kommissar Johannes Hahn zeigten sich bestürzt über den Terrorakt: "Ein weiterer schrecklicher Anschlag hat das Zentrum von Ankara getroffen. Die EU spricht den Familien der Opfer, die bei dem Attentat ums Leben gekommen sind, ihr aufrichtiges Beileid aus und wünscht den Verletzten eine schnelle Genesung. Unser ganzes Mitgefühl gilt dem türkischen Volk und den Behörden", sagten beide in einer gemeinsamen Erklärung.

"Wir sind bei der Türkei und ihren Menschen in diesen schwierigen Zeiten und stehen allen zur Seite, die unter den Folgen derartiger Gewalt und unter dem Terrorismus zu leiden haben."