EU-Kommission will rechtliche Klarheit für neue Geschäftsmodelle schaffen

Europakarte Güter 300Dienstleistungen und Portale der kollaborativen Wirtschaft sind in Europa in den vergangenen Jahren schnell gewachsen. Dazu zählen nicht nur bekannte Beispiele wieder Mitfahrdienst Uber und der Bettenvermittler Airbnb, sondern auch deutsche Portale wie der Wohnungsvermittler Wimdu oder der Paketdienst Sennder. Nationale und lokale Behörden reagieren hierauf mit einem Flickwerk verschiedener Regelungen. Die EU-Kommission will einer Zersplitterung des Binnenmarkts entgegenwirken und hat am Donnerstag Klarstellungen zu den wichtigsten rechtlichen Fragen vorgelegt.

Die am Donnerstag, 2. Juni, vorgelegte Mitteilung „Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft“ enthält Leitlinien, wie das bestehende EU-Recht in diesem dynamischen und sich schnell entwickelnden Bereich angewandt werden sollte.

Nationale und lokale Behörden reagieren auf die neuen Geschäftsmodelle mit einem Flickwerk verschiedener Regulierungsmaßnahmen. Ein Beispiel hierfür sind Kurzzeitvermietungen. Städte wie London, Paris oder Amsterdam gehen mit diesen Dienstleistungen relativ flexibel um, während das deutsche Zweckentfremdungsgesetz die Nutzung von Wohneigentum für andere Zwecke als die beabsichtigte Verwendung verbietet und ein sehr striktes regulatives Umfeld für Kurzzeitvermietungen vorsieht.

Der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Jyrki Katainen, erklärte zu den heute vorgestellten Leitlinien: „Die europäische Wirtschaft braucht Produkt- und Dienstleistungsinnovationen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben will. Der nächste Schritt könnte hier von der kollaborativen Wirtschaft ausgehen. Unsere Rolle ist, auf ein rechtliches Umfeld hinzuwirken, in dem sich neue Geschäftsmodelle entwickeln können und zugleich für Verbraucherschutz, gerechte Besteuerung und faire Arbeitsbedingungen gesorgt wird.“

EU-Kommissarin Elżbieta Bieńkowska, zuständig für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, sagte: „Wenn wir eine Zersplitterung des Binnenmarkts auf der Ebene der Mitgliedstaaten oder sogar auf lokaler Ebene zulassen, besteht die Gefahr, dass ganz Europa dabei verliert. Wir bieten jetzt Behörden und Marktteilnehmern rechtliche Orientierungshilfen für die ausgewogene und nachhaltige Entwicklung dieser neuen Geschäftsmodelle. Wir rufen die Mitgliedstaaten auf, ihre Vorschriften vor diesem Hintergrund zu prüfen, und sind bereit, ihnen dabei Hilfestellung zu leisten.“

Die Mitteilung bietet Klarstellungen zu wichtigen Fragen, mit denen sowohl Marktteilnehmer als auch Behörden konfrontiert sind, z. B.:

  • Welche Marktzugangsanforderungen können auferlegt werden? Eine Genehmigungs- oder Zulassungspflicht für Dienstleistungsanbieter sollte nur dann bestehen, wenn es im Sinne relevanter, im Allgemeininteresse liegender Ziele unbedingt erforderlich ist. Absolute Verbote einer Tätigkeit sollten das letzte Mittel bleiben.
  • Wer ist haftbar, wenn es zu Problemen kommt? Gemeinsame Plattformen können von der Haftung für Informationen, die sie im Namen von Dienstanbietern speichern, ausgenommen werden. Sie sollten jedoch nicht von der Haftung für von ihnen selbst angebotene Dienstleistungen wie Zahlungsabwicklungen ausgenommen werden.
  • Wie werden die Nutzer durch das EU-Verbraucherrecht geschützt? Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Verbraucher gut vor unlauteren Geschäftspraktiken geschützt werden, ohne dass unverhältnismäßige Pflichten für Privatpersonen entstehen, die nur gelegentlich Dienstleistungen erbringen.
  • Wann liegt ein Arbeitsverhältnis vor? Das Arbeitsrecht liegt überwiegend in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und wird durch EU-Mindestsozialstandards und die EU-Rechtsprechung ergänzt.
  • Welche Steuervorschriften finden Anwendung? Wie andere Marktteilnehmer auch müssen Dienstleistungsanbieter und Plattformen der kollaborativen Wirtschaft Steuern zahlen. Dabei handelt es sich um Einkommen-, Körperschaft- und Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten sind aufgerufen, die Anwendung der Steuervorschriften in der kollaborativen Wirtschaft weiter zu vereinfachen und klarer zu gestalten.

In der Mitteilung werden die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, die bestehenden Rechtsvorschriften im Sinne der Leitlinien zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern. Die Kommission wird das sich rasch ändernde rechtliche Umfeld und die wirtschaftlichen Entwicklungen überwachen.