Die Europäische Kommission hat sich erneut mit der Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen befasst und mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen eine weitere Empfehlung an die Regierung gerichtet. Obwohl einige der Bedenken aus einer früheren Empfehlung der Kommission vom Juli inzwischen ausgeräumt wurden, sind in der Zwischenzeit neue Zweifel entstanden, die insbesondere die Rolle und Besetzung des polnischen Verfassungsgerichtes betreffen.
„Die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts ist von entscheidender Bedeutung für die Rechtsstaatlichkeit“, sagte der Erste Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. „Die Kommission wird hier nicht lockerlassen und wird weiterhin eine Lösung im Dialog mit den polnischen Behörden suchen – unbeschadet anderer Schritte, die wir ergreifen müssten, wenn dieser Dialog ergebnislos bleibt."
Die Kommission empfiehlt, dass Polen alle Punkte der Empfehlung vom Juli vollständig umsetzt. Dazu gehören unter anderem die Einhaltung und vollständige Umsetzung der Urteile des Verfassungsgerichts vom 3. und 9. Dezember 2015. Das heißt, dass die drei Richter, die im Oktober 2015 von der vorherigen Volksvertretung rechtmäßig ernannt wurden, ihr Amt als Richter am Verfassungsgericht antreten können. Zudem muss jede Reform des Verfassungsgerichtsgesetzes im Einklang stehen mit den Urteilen des Verfassungsgerichts und die Stellungnahme der Venedig-Kommission des Europarates berücksichtigen.
Darüber hinaus empfiehlt die Kommission, die Stelle des Vorsitzenden des Verfassungsgerichtes nicht zu neu zu besetzen, bevor die Urteile des Verfassungsgerichts zur Rechtskonformität der neuen Gesetze nicht veröffentlicht sind. Bis ein neuer Vorsitzender den Gesetzen entsprechend benannt wurde, sollte diese Stelle durch den Vizevorsitzenden des Gerichts ausgeübt werden – nicht durch die amtierende Vorsitzende.
Die Empfehlungen der Kommission sollten von polnischer Seite mit Dringlichkeit innerhalb der kommenden zwei Monate umgesetzt werden.