EU-Ratspräsidentschaft: Ungarn und das neue Mediengesetz

10-07-19_EU_RechtDas neue ungarische Mediengesetz löst Kritik aus

Am 1. Januar übernahm Ungarn turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft für das nächste halbe Jahr. Zeitgleich steht das zum neuen Jahr in Kraft getretene ungarische Mediengesetz europaweit heftig in der Kritik. Hiernach soll die von der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz kontrollierte neue Medienbehörde NMHH neben den staatlichen Medien künftig ebenso die privaten Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen und Internetportale kontrollieren. Die Aufgabe besteht vor allem darin, die Ausgewogenheit der Berichterstattung zu beobachten und gegebenfalls die Möglichkeit zur Verhängung von hohen Geldstrafen wahrzunehmen. Das Gesetz wird von Kritikern als Eingriff in die Pressefreiheit gesehen, da hierdurch die Voraussetzung geschaffen wird, den Einfluss und damit auch die Zensur des ungarischen Staates auf die Medien zu erhöhen.

11-01-07-neelie-kroesDie EU-Telekommunikationskommissarin Neelie Kroes bezweifelt, dass das Gesetz EU-konform ist. "Die Kommissarin hat in drei Punkten Bedenken. Dabei geht es um das Gesetz an sich, die Anwendung des EU-Rechts sowie um die Frage, ob der neue Medienrat unabhängig handeln kann – vor allem wegen seiner Zusammensetzung", so ein Sprecher. Schon am 24. Dezember und damit nur wenige Tage nach der Annahme des Gesetzes hatte Kroes auf die ungarischen Entwicklungen reagiert und um Erläuterungen zum 200 Seiten starken Gesetzestext gebeten. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán reagierte bisweilen angrifsslustig auf die Kritik und stellte für eine Änderung des Textes die Bedingung, dass auch andere EU-Mitglieder ähnliche Änderungen in ihren Gesetzen vornehmen.

11-01-07-barroso-orbanDas jetzige Treffen von EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zum Auftakt der EU-Ratspräsidentschaft wird nun von der Diskussion um das neue Mediengesetz überschattet. Barroso erklärte vor seiner Abreise hierzu: "Ich möchte von den ungarischen Behörden eine Klärung des Sachverhalts. Außerdem sollen Zeifel, die wir haben, ausgeräumt werden." Dieses Thema werde er auch mit Orbán besprechen. Er betonte in diesem Zusammenhang nochmals, wie wichtig die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Medien als ein untastbares Prinzip und fundamentales Grundrecht der Europäischen Union sei.