Ungarn und das EU-Recht: Kommission startet Verfahren

Kommission pocht auf Einhaltung des EU-Rechts

Mit drei beschleunigten Vertragsverletzungsverfahren reagiert die EU-Kommission auf die jüngsten Gesetzesänderungen in Ungarn. Sie will damit die Unabhängigkeit der Zentralbank des Landes, der Datenschutzbehörde und die Nichtdiskriminierung von Richtern erreichen. In diesen drei Punkten verstoßen die ungarischen Gesetze nach Überzeugung der Kommission gegen europäisches Recht. In einigen weiteren Punkten fordert die Kommisson zudem Klarstellungen Ungarns. Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte: "Wie auch alle anderen Mitgliedstaaten ist Ungarn durch die EU-Verträge verpflichtet, die Unabhängigkeit seiner Nationalbank, seiner Datenschutzbehörde und die Nichtdiskriminierung seiner Richter zu garantieren. Die Kommission ist entschlossen, alle nötigen rechtlichen Schritte zu gehen, um die Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union sicherzustellen."

11-09-14-UngarnDer in dieser Woche in Straßburg getroffenen Entscheidung waren intensive Kontakte mit den ungarischen Stellen und Briefe von Präsident Barroso, der Vizepräsidentin für Justiz und Grundrechte, Viviane Reding, und des Vizepräsidenten für Wirtschaft, Währung und den Euro, Olli Rehn, vorausgegangen. Reding äußerte sich erneut besorgt über die Unabhängigkeit von Datenschutzbehörden und Justiz und forderte Ungarn zur sofortigen Änderung oder Aussetzung der Gesetze auf. Rehn pochte erneut auf die Unabhängigkeit der Zentralbank. Änderungen der Gesetze und von Teilen der Verfassung seien eine Bedingung für den Start formeller Verhandlungen über die von Ungarn beantragte Finanzhilfe von EU und IWF. Ungarn hat nun einen Monat Zeit, um auf die Kritik der Kommission im ersten Schritt des Verfahrens zu reagieren. Vertragsverletzungsverfahren können bis zu Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof führen.

Bei einem Besuch von Viktor Orbán im Europäischen Parlament am Mittwoch zeigte sich der ungarische Ministerpräsident ein wenig verhandlungsbereit und sagte, dass die Probleme und Missverständnisse der umstrittenen Gesetze zur Zentralbank, zum Datenschutz und zum Justizwesen "leicht und rasch" beseitigt werden könnten. Trotz der kritischen Haltung des EU-Parlaments verteidigte Orbán aber bei seinem Besuch das nationale Vorhaben und betonte, dass die neuen ungarischen Gesetzesinitativen sogar demokratischer seien als die alten Gesetze.