Ein Marshall-Plan für Nordafrika
Im Frühjahr diesen Jahres blickte die ganze Welt nach Nordafrika und auf den "Arabischen Frühling", der in Tunesien seinen Anfang nahm und über Ägypten und Libyen mittlerweile auch Länder wie den Jemen, Bahrain, Syrien oder Mauretanien erreicht hat. Doch wo genau fand der "Arabische Frühling" seinen Anfang? Wie wird er weiter verlaufen? Und welche Bedeutung hat er für die zukünftigen Beziehungen der Europäischen Union zu diesen Ländern? Um diese Fragen zu beantworten, lud heute das EUROPE DIRECT Informationsbüro Aachen ein zum Vortrag von Hans-Jürgen Zahorka vom European Union Foreign Affairs Journal des Europäischen Institus LIBERTAS. Zahorka erläuterte vor etwa 20 Besuchern den Verlauf der arabischen Revolutionen und ging hierbei sehr anschaulich auf die unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Ländern ein.
Angefangen bei einer Selbstverbennung eines Menschen in Tunesien, der keine wirtschaftliche und soziale Perspektive mehr sah, breitete sich diese Nachricht im arabischen Raum aus wie ein Lauffeuer. Zahorka sieht den Grund hierfür vor allem in einem neu entstandenen Bürgerjournalismus, der über verschiedene soziale Netzwerke Nachrichten und Videos von Privatleuten veröffentlicht, um beispielsweise zu Demonstrationen aufzurufen. Im Zuge dieser Demonstrationen allerdings ließe sich eine bedeutende Gemeinsamkeit in allen Ländern festhalten. Nachdem die Menschen vergangene Kundgebungen oft gegen den Westen oder die USA richteten und teilweise sogar Flaggen anderer Länder verbrannten, sind sie jetzt ausdrücklich für etwas. Sie stehen ein "für Versammlungsfreiheit, für Meinungsfreiheit, für Pressefreiheit und für berufliche Perspektiven", betonte Zahorka.
Die Europäische Union müsse auf diese Vorgänge angemessen reagieren und einen hilfreichen "Input" geben. Zahorka erklärte jedoch, dass dies nicht im Sinne einer "übergestülpten Käseglocke" geschehen dürfe. Vielmehr ginge es darum, konstruktive Vorschläge zu machen, wie Demokratie, Menschenrechte und Good Governance positiv weiterentwickelt werden könnten. Auf der wirtschaftlichen Ebene plädiert Zahorka für europäische Investitionen im Sinne eines Marshall-Plans für Nordafrika, um die Leistungsfähigkeit der betroffenen Länder zu stärken und den Menschen Perspektiven zu geben. Neben einer Energiepartnerschaft zwischen der EU und den arabischen Ländern und dem Ausbau der Infrastruktur, sprach er hierbei beispielsweise auch von Mikrokrediten, die besonders den Frauen zu Gute kommen würden, wenn diese sich Maschinen leisten könnten, mit denen Sie die Möglichkeit hätten, ein eigenen Geschäft zu eröffnen. Es wäre immer leichter, wenn die Maschinen zu den Menschen kommen würden, statt umgekehrt, so Zahorka. Abschließend stellte das ehemalige Mitglied des Europäischen Parlaments fest, dass man zwar nicht wisse, wie das Ende des "Arabischen Frühlings" aussehen wird. Sicher sei aber, dass sich letzten Endes die revolutionäre Entwicklung nicht mehr zurückdrehen lasse. Das kostenlose Informationsmaterial von EUROPE DIRECT zum Thema stieß bei den Gästen auf reges Interesse und rundete den gelungenen Abend ab.