Vertiefte europäische Integration als Folge der Krise.
Am heutigen Montagabend setzte sich die Reihe 'Europa, wie weiter?' nach dem Wochenende fort. Unter dem Titel "Gesellschaftsbildung in der Eurokrise" sprach Prof. Georg Vobruba vor etwa 50 Gästen.
Zunächst erörterte Prof. Vobruba die Frage, worin genau die Eurokrise bestehe. Ihm zufolge gibt es zwei Interpretations-Möglichkeiten. Auf der einen Seite, kann die Krise eine Gefahr für die europäische Integration darstellen. Auf der anderen Seite, ist es durchaus möglich, dass sie eine unumgängliche Voraussetzung für die Vertiefung ist. Prof. Vobruba selbst glaubt daran, dass die Krise zu einer Vertiefung der Integration führen wird. Er sieht in ihr sogar das Potential gesellschaftsbildend zu wirken.
Das große Problem der Eurokrise bestehe darin, so Vobruba, dass dem Krisenmanagement zwei konträre Aufgaben zufallen; es muss das Vetrauen von Gläubigern in die Rückzahlungsfähigkeit der betroffenen Eurostaaten zurückgewinnen, also "stabilisieren". Gleichzeitig muss es den Gläubigern klarmachen, dass Kredite manchmal nicht zurückgezahlt werden können, also "disziplinieren". Dies sei eine unmögliche Aufgabe und die Politik hilflos. Das sei aber nicht die Schuld der Politik, es handele sich einfach um eine Situation ohne echten Ausweg.
Des Weiteren traut Prof. Vobruba der momentan etwas beruhigten Situation nicht. Er ist der Meinung, dass die Eurokrise bisher nur zur Hälfte gelöst sei. Sie habe sich gespalten; ökonomisch sei sie bereits abgeflaut, sozial habe sie sich verschlimmert. Ein mögliches Szenario sei, dass das mangelnde "Leutevertrauen" umschlage in mangelndes "Gläubigervertrauen".
Laut Prof. Vobruba war der Euro immer dazu gedacht, die Integration voranzutreiben. In der jetzigen Situation müssten Transferzahlungen geleistet werden, um den Euro zu erhalten. In der anschließenden Diskussion wurde vor allem seine Theorie der gesellschaftsbildenden Wirkung der Eurokrise in Frage gestellt.
Morgen Abend begrüßen wir als Referenten Prof. Frank Nullmeier, mit dem Thema "Soziale Gerechtigkeit in Europa?", ab 19:00 Uhr im Super C.