Vortrag und Diskussion: Großbritannien und die EU – Europa, nein danke?
Was ist los auf der Insel? Das Verhältnis der Briten zur EU war seit ihrem Beitritt problematisch und kontrovers.Jüngste Diskussionen etwa über die Wahl des Kommissionspräsidenten, die Einwanderungskritik und die Debatte um das Recht der Freizügigkeit der EU-Bürger verschärfen die Frage, ob das Vereinigte Königreich nach einem möglichen Referendum die Gemeinschaft verlassen wird. Die Stärkung der britischen Rechtspopulisten nach der letzten Europawahl legt nahe, dass nationale Interessen auf dem Vormarsch sind. Viele fragen sich: Wird's noch oder war's das mit Europa für die Briten?
In Zusammenarbeit mit der VHS Aachen veranstaltete das EUROPE DIRECT Informationsbüro Aachen heute zu diesem Thema einen Vortrag mit Diskussion. Das Publikum von gut 20 Personen wurde von Winfried Brömmel, Leiter von EUROPE DIRECT Aachen, herzlich empfangen. Die Moderatorin Dr. Sigrid Fretlöh, ein Mitglied von TEAM EUROPE Deutschland und eine profunde Kennerin von Politik und Gesellschaft in Großbritannien, führte das Publikum durch die historische Entwicklung der britischen Beziehungen zu Kontinentaleuropa und speziell zur EU in die Thematik ein.
Beginnend mit der Zeit von Winston Churchill und fortgeführt mit dem politischen Wirken von Margaret Thatcher, Tony Blair und David Cameron zeigte die Referentin die Entwicklung bis zur gegenwärtigen Lage, die leider Rechtspopulismus und Renationalisierungsbestrebungen stärkt. Wichtige Gründe dieser Entwicklung seien die "Inselmentalität" der Briten und deren tiefverwurzeltes und historisch bedingtes Selbstverständnis als (frühere) Weltmacht. Somit fällt es vielen Briten schwer Entscheidungskompetenzen an Brüssel abzutreten. Es stellt sich die Frage über den Verbleib Großbritanniens in der EU, was eine Reihe weiterer grundlegender Fragen hervorruft, z.B. inwieweit die existenziellen gemeinsamen Werte der EU festen Boden gefunden haben. Als Gegenargument für eine eventuelle Ausscheidung Großbritanniens aus der EU wurden die damit verbundenen möglichen wirtschaftlichen Nachteile vorgeführt, die die Briten einkalkulieren sollten.
Das Publikum wurde in die Diskussion miteinbezogen und zeigte reges Interesse an der Zukunft der Beziehungen beider Seiten aber auch an der Zukunft der EU im Allgemeinen. Die Veranstaltung wurde auf zwei Stunden ausgedehnt und dennoch konnten nicht alle Folgen für die EU nach einem eventuellen Austritt von Großbritannien als drittgrößte Volkswirtschaft in der EU erörtert werden. Da solch ein präzedenzloser Fall die EU vor Herausforderungen stellen würde, die in dieser Form noch nicht bekannt sind, werden die EU-Bürgerinnen und Bürger mit einer gewissen Anspannung die Weiterentwicklung auf der "Insel" weiterhin verfolgen.
Abgerundet wurde die spannende Veranstaltung durch einen Infotisch mit zahlreichen EU-Informationsmaterialien, die das EUROPE DIRECT Informationsbüro Aachen bereitstellte.