Den EU-Haushalt verstehen:
Wie unterstützt die EU die Mitgliedsländer bei der Bewältigung der Corona-Krise?
Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich zusammen auf einen mehrjährigen EU-Haushalt (2021 bis 2027) von rund 1,8 Billionen Euro geeinigt. Als Teil davon soll der Aufbaufonds "NextGenerationEU" gezielt diejenigen Staaten unterstützen, die von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie besonders stark betroffen sind. Dessen Volumen beläuft sich auf 750 Milliarden Euro.
Bei 'Europa am Dienstag' beleuchtete Nora Hesse, wie die EU mit "Next Generation EU" nicht nur die Wirtschaft der von der Corona-Krise besonders gebeutelten Staaten in Schwung bringen will, denn ein Großteil des Geldes soll gezielt in die Digitalisierung und den Klimaschutz investiert werden. Allein für Letzteres ist fast ein Drittel aller Mittel aus dem Fonds vorgesehen. Ziel der EU ist es, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Nach der Begrüßung von Winfried Brömmel, Leiter von EUROPE DIRECT Aachen, übernahm die Journalistin Eva Onkels die weitere Moderation. Die Referentin Nora Hesse ist bei der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland die Teamleiterin Politisches Team und Senior Economic Advisor. Sie ist zuständig für die Themen Wirtschaft- und Finanzpolitik und EU Haushalt.
In der Veranstaltung erklärte Nora Hesse den aktuellen EU-Haushalt und wie er zustande kam, denn manche Staaten wehrten sich zunächst gegen gemeinsame EU-Schulden. Sie erläuterte, dass der EU-Haushalt ein "Investivhaushalt" ist, mit dem nur Investitionen getätigt werden, jedoch z.B. keine Sozialleistungen (wie bei den Nationalstaaten). Der EU-Haushalt entspricht nur ca. 1% der gesamten Wirtschaftsleistung der EU, wohingegen es bei einem nationalen Haushalt oft 50% der Wirtschaftsleitung des Landes sind. Deshalb muss der EU-Haushalt "europäische Mehrwerte" schaffen, die für die gesamte EU wichtig sind.
NextGenerationEU
Die Expertin stellte zudem die Bedeutung des Aufbauplans "NextGenerationEU" dar. Als Herzstück von NextGenerationEU hilft die "Aufbau- und Resilienzfazilität" der EU, stärker und robuster aus der Krise zu kommen. Die Fazilität ist ein befristetes Aufbauinstrument mit einem Umfang von 723,8 Mrd. EUR (385,8 Mrd. EUR an Darlehen und 338 Mrd. EUR an Finanzhilfen). Sie trägt dazu bei, das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen und in der EU den digitalen Wandel einzuläuten; gleichzeitig sollen Arbeitsplätze geschaffen und das Wachstum angekurbelt werden.
Aber ist dieser Plan ein wirksames Aufbauinstrument oder nur ein Papiertiger? Das liegt nach Einschätzung der Referentin in hohem Maße an den EU-Mitgliedsstaaten, die das Instrument jetzt auch sinnvoll nutzen müssen. Die EU bietet an, mit den Mitgliedsstaaten gemeinsam in die Zukunft zu investieren. Mit diesen Mitteln könne man viel erreichen.
Für die Rückzahlung der Kredite für NextGenerationEU sieht Nora Hesse derzeit mehrere Möglichkeiten: Neben der Einsparung bei den Ausgaben könnten weitere Einnahmen generiert werden, z.B. durch den Emissionshandel, den CO2-Ausgleichshandel und durch die (Mindest-)Besteuerung auf Gewinne von multinationalen Unternehmen.
Mit den 35 online zugeschalteten Gästen diskutierte die Referentin weitere Fragen, wie z.B. den Einfluss des EU-Haushaltssystem auf die Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedstaaten und die Kontrolle der EU-Fördermittel auf die richtige und erfolgreiche Verwendung. Die Veranstaltung war Teil der Konferenz zur Zukunft Europas. Die Ergebnisse wurden protokolliert und in die entsprechende Plattform eingegeben. Die Gäste können dort nach der Veranstaltung weitere Kommentare und Anregungen eintragen.
Die Veranstaltungsreihe 'Europa am Dienstag' wird zusammen durchgeführt vom Informationszentrum EUROPE DIRECT, dem Europäischen Klassenzimmer der Route Charlemagne und der Bischöflichen Akademie Aachen.
Bei dieser Ausgabe waren zudem noch die EUROPE DIRECT Zentren Dortmund und Kreis Gütersloh Mitveranstalter.
- Kurzlink auf diesen Bericht: https://ogy.de/Bericht-18-01-2022