2023 ist das Jahr des 60. Jubiläums des Deutsch-französischen Freundschaftsvertrages. Aus einer Erbfeindschaft ist längst eine tiefe Freundschaft geworden. Ohne die beiden Partner läuft nichts in der Europäischen Union. Und doch gehen mehr oder weniger tiefe Risse durch die beiden Gesellschaften. Die Deutsch-französische Beziehung war Diskussionsthema für 30 Gäste, die vor Ort im Grashaus oder online teilnahmen.
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Diese Webseite verwendet YouTube Videos. Um hier das Video zu sehen, stimmen Sie bitte zu, dass diese vom YouTube-Server geladen wird. Ggf. werden hierbei auch personenbezogene Daten an YouTube übermittelt. Weitere Informationen finden sie HIERWie gehen beide Länder mit den vielfältigen Krisen unserer Zeit um? Man braucht nur die Stichworte Klima, Energiepreise und hohe Inflation zu nennen und schon ist man im Kern der Probleme unserer Zeit angekommen. Wie handeln Paris und Berlin in diesen Krisenzeiten? Stehen sie weiter Seite an Seite oder ist aus der deutsch-französischen Freundschaft ein langweiliges Konstrukt geworden, der man nur noch an Festtagen huldigt?
Die französische Juristin und Journalistin Elisabeth Cadot (welche per Video zugeschaltet wurde) sowie der Moderator Jochen Leyhe sprachen über das Jahr nach der Präsidentschaftswahl in Frankreich. Jochen Leyhe ist Lehrer für Politik und Französisch beim Clara-Schumann-Gymnasium in Bonn. Dabei lag der Fokus auf den deutsch-französischen Beziehungen in Europa.
Diese Veranstaltung wurde unterstützt von der Karlspreisstiftung, der Bischhöflichen Akademie Aachen sowie dem Institut français Aachen.
Zu Beginn der Veranstaltung gab Herr Leyhe einen kurzen Überblick über die Veranstaltung. Er leitete den Abend mit der Frage ein, inwieweit Deutsch noch als Fremdsprache in Frankreich unterrichtet wird. Laut Frau Cadot sind die Fremdsprachen Spanisch und Englisch gegenwärtig im Schulalltag dominierend und Deutsch als Fremdsprache eher rückgängig.
Eine weitere Frage war, ob die französische Bevölkerung in der Realität wirklich so viel protestiere, oder ob dies nur ein Klischee sei. Frau Cadot betonte hierbei, dass in Frankreich der Kompromiss in der Politik im Vordergrund stehe, während in Deutschland eher der Konsens als Mittel der Partizipation im Fokus stünde. Zudem sei es in Frankreich schneller, einen Streik zu organisieren, als dies in Deutschland der Fall wäre. In Deutschland „müsse man viele Ebenen bestreiten“. In diesem Kontext wurde außerdem festgestellt, dass die Mentalitäten bezüglich der Arbeitswelt grundlegend verschieden seien. Als Beispiel hierfür wurde der Streitpunkt über das Renteneintrittsalter genannt. Frau Cadot ist der Auffassung, dass die Deutschen eine „industrielle Mentalität“ besäßen, während in Frankreich die Bürger*innen mehr Fokus auf die Lebensgestaltung legten.
Im Kern seien die aktuellen Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland darin begründet, dass zwar die schwierigen Fragen und Themen der politischen Agenda ähnlich sind, jedoch die Antworten und Interpretationen unterschiedlich seien. Das läge besonders an der Haltung der Bürger*innen der jeweiligen Länder, da Deutschland eher kosmopolitisch agiere, während Frankreich eher zum Kommunitarismus neige.
Die unterschiedlichen Mentalitäten würden vor allem dadurch verdeutlicht, dass in Sachen Atomenergie die französische Bevölkerung kaum Bedenken hätten und eher die Vorteile sähen. Deutschland hingegen habe bezüglich der Kernenergie eine abneigende Haltung. In diesem Kontext wurde auch festgestellt, dass in Bezug auf Umweltschutz die beiden Länder komplette Gegensätze darstellen. Zwar gäbe es Umweltschutz in Frankreich, aber es hätte nicht die Priorität in der politischen Landschaft, wie es in Deutschland der Fall sei. Dies zeige die Parteienlandschaft, da es in Frankreich keine "grüne Partei" gäbe wie in Deutschland.
Kurz vor dem Ende der Veranstaltung wurden die Rollen deutscher und französischer Politiker*innen betrachtet, insbesondere die Rolle von Olaf Scholz und Emmanuel Macron. Für die französische Bevölkerung seien deutsche Politiker*innen nicht als Personen bekannt, sondern lediglich in ihrer politischen Funktion und Rolle, so Frau Cadot.
Am Ende wurde Frau Cadot von Herrn Leyhe gebeten, den Satz „Die Deutsch-französischen Beziehungen sind für Europa...“ zu beenden, welchen sie mit „absolut nötig“ vollendete.
Wir bedanken uns bei unseren Mitveranstaltern und bei Frau Cadot sowie bei unserem Moderator Herrn Leyhe für diese Veranstaltung.
- Veranstaltungsreihe 'Europa am Dienstag': www.europa-dienstag.de
- Karlspreisstiftung
- Institut Francais
- Bischhöfliche Akademie
- Route Charlemagne
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