Klaus-Michael Bogdal über die Angst vor dem Osten

14-12-04-EH-BogdalWo beginnt die Steppe? Zu Europas Angst vor „Zigeunern" und dem Osten, Vortrag von Klaus-Michael Bogdal

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Ostwärts" einer Zusammenarbeit von EUROPE DIRECT Aachen, der Initiative Europäische Horizonte und dem Ludwig Forum referierte heute Prof. Dr. Klaus-Michael Bogdal vor gut 50 Gästen über Europas Angst vor dem Osten und insbesondere den Romvölkern. Er ist Träger des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung 2013.

Der Professor für Literaturwissenschaften an der Universität Bielefeld zeichnete ein Bild vom Selbstverständnis europäischer Zivilisation und stellte dar, wie Europa im Laufe der Zeit immer wieder von den Deutungs- und Bildungseliten geographisch und kulturell neu definiert wird. Dies sei geleitet von zeitgenössischen Interessenslagen, so dass Europa stets anders konstruiert, die Gegenwart aber stets als selbstverständlicher Höhepunkt kultureller und zivilisatorischer Entwicklung gesetzt wird. So stehen auf der einen Seite europäische Staatengeschlossenheit, auf der anderen Seite Ausgrenzung und Ausschluss.

Ausgehend vom 19. Jahrhundert, in dem die territoriale Grenzen an Bedeutung gewinnen, bilden sich die Vorstellungen von Lebensraum für Völker und die damit einhergehende verstärkte Diskriminierung der nomadisch lebenden Romvölker, die nur außerhalb oder am Rande der europäischen Zivilisation Platz haben dürfen: in der Wildnis. Detailliert zeigt Bogdal anhand von Maria Grenggs „Die Kindlmutter" (1938), wie aus einer selbstkonstruierten kulturellen Überlegenheit in der Literatur das Bild des „heimatbedrohenden, kriminellen und wilden Zigeuners" geschaffen wird. Zum Ende spannt er den Bogen zur Gegenwart, nennt Beispiele von Äußerungen und Maßnahmen aus dem Politikbereich und unterstreicht noch einmal die nach wie vor herrschende Feindlichkeit und Ablehnung, die den Romvölkern in Europa entgegen gebracht wird.