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EU-Kommissarin Vestager: „Europas jungen Menschen vertrauen“

Bei einem Bürgerdialog mit Schülern und einer Preisverleihung der Schwarzkopf-Stiftung in Berlin hat Margrethe Vestager, EU-Kommissarin für Wettbewerbspolitik, mehr Vertrauen der Mächtigen in Europas Jugend gefordert. „Manchmal höre ich, dass junge Menschen egoistisch sind und sich ausklinken. Dass es ihnen mehr darum geht, das beste Selfie zu machen als einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Ich glaube nicht, dass das stimmt“, sagte Vestager. „Die jungen Leute geben die Demokratie nicht auf. Aber manchmal haben sie das Gefühl, dass die Demokratie sie aufgibt. Dass ihr Gefühl der Dringlichkeit nicht von denen geteilt wird, die die Macht haben.“

Am Dienstag, 30. Januar, erhielt Vestager im Europäischen Haus in Berlin den Schwarzkopf-Europa-Preis 2018 für ihre Arbeit zum fairen Wettbewerb und zur Bürgerbeteiligung in der EU. Die Schwarzkopf-Stiftung arbeitet daran, junge Menschen für Politik zu interessieren und für den europäischen Einigungsprozess zu begeistern. 

Jungen Menschen reiche es zum Beispiel nicht, wenn Politiker sich selbst beglückwünschen, nur weil es ihnen gelungen ist, das Pariser Weltklimaabkommen zu unterzeichnen, sagte Vestager in ihrer Dankesrede. Niemand verdiene Lob dafür, das  Offensichtliche anzuerkennen. „Die jungen Menschen wollen Maßnahmen zur Umsetzung des Abkommens in die Praxis – und genau das versuchen wir in Europa“, sagte Vestager. Junge Menschen wollen auch nicht hören, dass Ungerechtigkeit einfach zum Leben dazugehört. Sie merken, dass so etwas vor allem Mächtige sagen, die ihre Macht nicht teilen wollen. Junge Menschen „wollen, dass ihre Politiker für eine gerechtere Gesellschaft kämpfen. Und ich denke, sie haben Recht.“ 

Der Schwarzkopf-Europa-Preis sei für sie eine „sehr große Ehre“, sagte Vestager. „Er bedeutet mir sehr viel. Denn niemand hat einen größeren Anteil an der Zukunft Europas als unsere jungen Menschen. Und diese Stiftung trägt dazu bei, dass ihre Stimmen Gehör finden.“

Zuvor hatte Vestager in einem Bürgerdialog im „Erlebnis Europa“, der Dauerausstellung  im Europäischen Haus in Berlin, das Gespräch gesucht mit Schülerinnen und Schülern über das Thema „Die Europäische Union und Du – Demokratie lebt von Einmischung“. 

Auf die Frage, ob die Europäische Union demokratisch sei, antwortete Vestager mit einem entschiedenen „Ja, absolut“. „Europa ist keine Kopie von irgendetwas, weder des Römischen Reiches noch der USA. Europa ist keinem Lehrbuch entsprungen. (…) Aber es funktioniert erstaunlich gut, wenn man sieht dass wir mindestens 28 verschiedene Sprachen – einschließlich der kleineren Sprachen – haben, und dass wir alle eine unterschiedliche politische Kultur haben“, sagte Vestager.

„Wir sollten unsere Art, Europa zu organisieren, nicht als Hindernis sehen, sondern als Teil einer einzigartigen Konstruktion, durch die wir so ein wunderbarer Kontinent geworden sind.“

Um Europa den Bürgerinnen und Bürgern näher zu bringen, müsse man zeigen, dass Europa funktioniert. Als Beispiel nannte sie die Fortschritte im Kampf gegen Steuervermeidung – auch durch das Wettbewerbsrecht. „Viele Leute denken, dass Europa nur redet und nichts tut. Ich kümmere mich auch um Steuern – die meisten Unternehmen bezahlen Steuern, aber nicht alle. Manche habe Steuervorteile von den nationalen Regierungen erhalten. Da gab es Apple, Amazon, Starbucks, oder Fiat. Offen sind derzeit Fälle mit McDonalds, Ikea und Engie. Wir sagen, Sie müssen genauso Steuern zahlen wie alle anderen. Und wenn die Menschen sehen, dass wirklich etwas geschieht, dann verändert sich die Diskussion.“

„Die Mitgliedstaaten ändern sich“, sagte Vestager. „Länder wie Luxemburg, Zypern und Irland ändern ihre Vorgehensweise. Alle Mitgliedsstaaten haben eingewilligt, Schlupflöcher zu schließen und die Steuerbehörden enger zusammenarbeiten zu lassen.“