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EU-Kommission will Rechte von Opfern von Straftaten stärken

Die EU-Kommission will die geltenden Rechte für die Opfer von Straftaten verbessern. Dazu hat die Kommission eine Überarbeitung der bestehenden Richtlinie vorgeschlagen, so dass Opfer von Straftaten mehr Unterstützung und besseren Zugang zu Informationen, Gerechtigkeit und Entschädigung erhalten. So soll beispielsweise eine EU-weite, kostenlose Telefonnummer eingerichtet und unentgeltliche psychologische Unterstützung für Opfer angeboten werden.

Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová sagte: „Wir sprechen über rund 75 Millionen Menschen in der Europäischen Union, die jedes Jahr Opfer von Straftaten werden. Sie alle verdienen einen umfassenden Schutz und volle Unterstützung. Wir haben eine gute Grundlage, aber wir müssen ihre Rechte weiter stärken. Wir schlagen ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, mit dem den Betroffenen, auch den besonders schutzbedürftigen Opfern, mehr Unterstützung garantiert wird. Sie sollten unter anderem schnell entschädigt werden und an den Gerichtsverfahren teilnehmen können.“
Reform der Opferschutzrichtlinie

Die Reform umfasst folgende Elemente:

  • Sie soll sicherstellen, dass die Opfer gut über ihre Rechte aufgeklärt werden und über die erforderlichen Ressourcen verfügen, um eine Straftat anzuzeigen. Vorgesehen ist die Einrichtung einer allgemeinen Hotline mit der EU-weiten Telefonnummer 116 006 und einer umfassenden Website, die auch Chats und E-Mails ermöglichen soll.
  • Es sollen besser auf die besonderen Bedürfnisse von schutzbedürftigen Opfern (wie Kindern, älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen, Opfern von Hassverbrechen oder in Haft befindlichen Opfern) zugeschnittene Sicherheitsmaßnahmen gelten: Dem Vorschlag zufolge soll der Schutzbedarf der Opfer besser individuell begutachtet werden, d. h. ab dem ersten Behördenkontakt, und es sollen mehr Schutzmaßnahmen – z. B. Schutzanordnungen oder die Präsenz der Strafverfolgungsbehörden – zur Verfügung gestellt werden.
  • Schutzbedürftige Opfer sollen fachkundige Hilfe erhalten, z. B. unentgeltliche psychologische Unterstützung, solange dies je nach ihren individuellen Bedürfnissen nötig ist.
  • Der Zugang zur Justiz soll einfacher werden, indem die Opfer ausreichende Unterstützung vor Gericht erhalten und unabhängig von ihrem Status im Verfahren in die Lage versetzt werden, Entscheidungen im Strafverfahren, die ihre Rechte betreffen, anzufechten.
  • Die effektive Entschädigung der Opfer soll sichergestellt werden, indem ihnen sofort nach dem Urteil eine Entschädigung garantiert wird. Die Opfer sollten das Recht haben, im Rahmen des Strafverfahrens eine Entscheidung über eine Entschädigung durch den Täter zu erwirken (ohne dass ein anderes Verfahren eingeleitet werden muss); der Staat sollte die Entschädigung direkt an das Opfer zahlen und sich anschließend vom Täter erstatten lassen.

Diese Aktualisierungen und Maßnahmen, die sich auf die Evaluierung der Opferschutzrichtlinie von 2012 und die EU-Strategie für die Rechte von Opfern 2020-2025 stützen, sind Ausdruck des Engagements der Europäischen Union, den Schutz und die Unterstützung der Opfer von Straftaten in allen Mitgliedstaaten kontinuierlich zu verbessern.

Nächste Schritte

Der Kommissionsvorschlag muss vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet werden. Nach der Verabschiedung hätten die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Eine Ausnahmeregelung gilt für die elektronischen Kommunikationsmittel; hier hätten die Mitgliedstaaten vier Jahre Zeit, um die erforderlichen Strukturen zu schaffen.

Hintergrund

Die Opferschutzrichtlinie trat 2015 in Kraft. Seitdem hat sie sich positiv auf das Recht der Opfer auf den Zugang zu Informationen ausgewirkt und deren Zugang zu Unterstützungsdiensten verbessert.

Im Juni 2020 nahm die Kommission die EU-Strategie für die Rechte von Opfern (2020-2025) an, um sich verstärkt dafür einzusetzen, den Zugang zur Justiz für alle Opfer von Straftaten unabhängig davon, wo in der EU und unter welchen Umständen die Straftat begangen wurde, zu gewährleisten. Die Strategie enthält eine Reihe nichtlegislativer Maßnahmen in Bezug auf die Rechte von Opfern, darunter eine Überprüfung der Opferschutzrichtlinie von 2012, und sieht vor, dass die Kommission die Wirkung der Opferschutzrichtlinie evaluieren und bei Bedarf einen Legislativvorschlag zu deren Aktualisierung vorlegen sollte. Die im Juni 2022 angenommene Evaluierung der Opferschutzrichtlinie hat bestätigt, dass die Richtlinie im Großen und Ganzen die erwartete positive Wirkung zeigt. Es traten jedoch auch Mängel zutage, die gezielte Verbesserungen in Bezug auf die wichtigsten Rechte der Opfer gemäß der Richtlinie erfordern. Die Probleme hängen damit zusammen, dass bestimmte Rechte unklar und ungenau formuliert wurden und die Mitgliedstaaten über einen großen Handlungsspielraum bei der Umsetzung verfügen.

Die Umsetzung der Opferschutzrichtlinie ist in den Mitgliedstaaten weitgehend abgeschlossen. 2016 hat die Kommission gegen 26 EU-Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren wegen unvollständiger Umsetzung der Richtlinie eingeleitet, die mittlerweile bis auf eines eingestellt wurden.

Um den bei der Evaluierung und in zahlreichen Konsultationen entdeckten Mängeln abzuhelfen, schlägt die Kommission gezielte Änderungen vor, mit denen die Opfer in die Lage versetzt werden sollen, ihre Rechte besser geltend zu machen.

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