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EU kritisiert deutsches EHEC-Krisenmanagement

11-06-08-John_Dalli_EHECEHEC-Ausbruch: "Es ist nicht normal, dass Europäer Salat kaufen und dann sterben"

Während Wissenschaftler weiterhin über die Quelle der EHEC-Epidemie rätseln, kritisieren etliche EU-Abgeordnete das Krisenmanagement in Deutschland und forderten Ausgleichzahlungen für die geschädigten Bauern. Auch sollten Lebensmittel besser ausgezeichnet werden. Der zuständige EU-Kommissar John Dalli forderte von den EU-Staaten ausgewogenere Reaktionen auf den EHEC-Ausbruch, auch sollten sie auf voreilige Schlüsse auf eventuelle Keimherde verzichten. Dalli kündigte auch eine außerordentliche Sitzung der EU-Agrarminister in Luxemburg am Dienstagnachmittag an, auf der die finanziellen Folgen der Epidemie für Landwirte besprochen werden sollen.

Auch der deutsche Abgeordnete der Europäischen Volkspartei, Peter Liese, kritisierte die voreilige Bekanntgabe möglicher Ausbruchsquellen. Deutschland müsse sein Krisenmanagement überarbeiten. Auch sollte der Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft überdacht werden, um Antibiotika-Resistenzen wie bei der derzeit grassierenden E.coli-Variante zu vermeiden. Sabine Will von den Linken kritisierte die "totale Verwirrung in Deutschland", die zu desaströsen Konsequenzen geführt habe. Sowohl die Länder als auch der Bund hätten beim Krisenmanagement versagt. Auch mache es die komplexe Transportkette unmöglich, herauszufinden wo und wie Nahrungsmittel hergestellt wurden. Die liberale französische Abgeordnete Corinne Lepage nahm die deutschen Behörden für ihre frühzeitigen Warnungen indirekt in Schutz. "Vorbeugung muss weiter Vorrang haben", sagte sie, denn "Menschenleben sind wichtiger als ökonomische Belange."

"Es ist nicht normal, dass Europäer Salat kaufen und dann sterben", fasste die britische Sozialdemokratin Linda McAvan ihre Entrüstung zusammen. Auch sie wies auf unzureichende Anbaumethoden und mangelhafte Lebensmittelkennzeichnung hin. Der EU-Rat sollte seinen Widerstand gegen eine Reform der Lebensmittelkennzeichnung überdenken. Als Vorbild im Umgang mit ähnlichen Seuchen empfahl die deutsche Grünenabgeordnete Rebecca Harms die USA. In Deutschland dagegen sei nicht klar gewesen, ob Wissenschaftler oder Minister über mögliche Seuchenquellen entscheiden. In Zukunft sollten solche Gesundheitswarnungen durch eine EU-Agentur koordiniert werden. Der Brite James Nicholson von der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten sagte, man solle sich nicht darauf konzentrieren, was beim Krisenmanagement falsch gelaufen sei. Viel wichtiger sei es, Energie darauf zu verwenden, ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. Mit einer der vielgescholtenen Gurken in der Hand erinnerte der unabhängige spanische Abgeordnete Sosa Wagner an die herben Verluste spanischer Bauern und forderte Entschädigungszahlungen. Auch sei es Zeit, "die verlorenen Ehre der Gurkenbauen wieder herzustellen".