Die Europäische Kommission hat zwei Vorschläge vorgelegt, um die Wettbewerbsposition der Landwirtinnen und Landwirte in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette zu stärken. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte: „Es nähern sich die Festtage, Familien kommen zu gemeinsamen Mahlzeiten zusammen und das erinnert uns an das Engagement der Bauern und Bäuerinnen dafür, dass diese Momente möglich sind. Fairness für die Landwirte ist eine der wichtigsten Prioritäten. Anständiges Einkommen, faire Preise, eine stärkere Verhandlungsposition in der Lebensmittelkette und besserer Schutz.“
Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen nannte konkrete Ziele der gezielten Änderungen: „Sie werden Verträge stärken, die Zusammenarbeit zwischen den Landwirten erleichtern, freiwillige Kooperationsinitiativen zugunsten der Nachhaltigkeit fördern und sicherstellen, dass die Landwirte wirklich von Initiativen für faire und kurze Lieferketten profitieren. Der verbesserte Austausch zwischen den nationalen Durchsetzungsbehörden wird entscheidend sein, um unlautere Handelspraktiken wirksam anzugehen und eine faire Behandlung von Landwirten und kleineren Akteuren der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft in der gesamten EU sicherzustellen.“
Empfehlungen des Strategischen Dialogs
Beide Vorschläge spiegeln direkt mehrere Empfehlungen des strategischen Dialogs über die Zukunft der Landwirtschaft der EU wider. Sie gehen auf einige der dringendsten Herausforderungen ein, mit denen der Agrarsektor konfrontiert ist, und werden nun vom Europäischen Parlament und vom Rat erörtert.
1. Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse
Die Europäische Kommission schlägt gezielte Änderungen des derzeitigen Rechtsrahmens vor, der in der Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) festgelegt ist. Das Ziel ist, die Position der Landwirte in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette zu stärken und ein höheres Maß an Vertrauen zwischen den Akteuren zu erreichen, und zwar u.a. durch:
- strengere Vorschriften für Verträge zwischen Landwirt*innen und Käufer*innen;
- verbindliche Mediationsmechanismen;
- gestärkte Erzeugerorganisationen;
- EU-Unterstützung für Erzeugerorganisationen, die private Initiativen zur Bewältigung von Krisen ergreifen würden;
- Definition, wann Begriffe wie „fair“, „gleichwertige“ und „kurze Lieferketten“ bei der Vermarktung verwendet werden können;
- mehr Möglichkeiten für Nachhaltigkeitsinitiativen, etwa zur Unterstützung des Generationswechsels und dem Erhalt kleiner landwirtschaftlicher Betriebe.
2. Grenzüberschreitend gegen unlautere Handelspraktiken vorgehen
Parallel dazu schlägt die Kommission neue Vorschriften zur grenzüberschreitenden Durchsetzung gegen unlautere Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette vor, die durch die entsprechende Richtlinie über unlautere Handelspraktiken verboten sind.
Im Durchschnitt stammen rund 20 Prozent der in einem Mitgliedstaat konsumierten Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse aus einem anderen Mitgliedstaat. Die Zusammenarbeit der nationalen Durchsetzungsbehörden – Austausch von Informationen, Ermittlungen, Sanktionen - muss verbessert werden. Etwa durch einen neuen Amtshilfemechanismus, über den sich nationale Behörden bei begründetem Verdacht auf eine grenzüberschreitende Dimension auf eine koordinierte Maßnahme einigen.
Erfüllung unserer Verpflichtungen
Die Europäische Kommission hat nach ihrer Zusage, den Bedenken der Landwirte Rechnung zu tragen, weitere Maßnahmen ergriffen:
- Am 22. Februar legte die Kommission ihre ersten Maßnahmen zur Vereinfachung vor, um den Verwaltungsaufwand für die Landwirte in der EU nachhaltig zu verringern.
- Am 15. März legte er seinen Vorschlag für eine gezielte Überprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik vor, der am 25. Mai nach erfolgreicher Billigung durch den Rat und das Europäische Parlament in Kraft trat.
- Die Kommission veröffentlicht heute auch einen Überblick über die seit Anfang des Jahres eingeführten gezielten GAP-Vereinfachungsmaßnahmen, in dem sie über die Fortschritte bei ihrer Umsetzung berichtet und ihre wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen bewertet. Insgesamt hat das Vereinfachungspaket den Landwirten in der EU geholfen, indem es den Papierkram reduziert, Zeit gespart, Rechtssicherheit geschaffen und eine größere Flexibilität bei der Verwaltung ihrer Betriebe geboten hat.
- Ebenfalls im März legte die Kommission ein Reflexionspapier zur Stärkung der Position der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette vor. Im April nahm die Kommission einen Bericht über die Umsetzung der EU-Vorschriften gegen unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette an und richtete die neue EU-Beobachtungsstelle für die Lebensmittelkette in der Landwirtschaft (AFCO) ein. Letztere hielt ihre erste Sitzung im Juli ab, um das Vertrauen und die Zusammenarbeit innerhalb der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette zu verbessern.
- Darüber hinaus befragt die Kommission im Interesse eines größeren Vertrauens und einer größeren Fairness entlang der Lebensmittelversorgungskette auch Landwirte und Lieferanten in der gesamten landwirtschaftlichen Lebensmittelversorgungskette in allen Mitgliedstaaten, um diese laufenden Maßnahmen zu bewerten. Antworten sind bis zum 20. Dezember 2024 möglich.
Änderung der De-minimis-Verordnung
Parallel zu den Vorschlägen unternimmt die Kommission weitere Schritte, um den Agrarsektor zu unterstützen: Sie hat eine Änderung der De-minimis-Verordnung angenommen. Bei dieser Verordnung geht es um kleine Beihilfebeträge im Agrarsektor, die von der Kontrolle staatlicher Beihilfen ausgenommen sind und deswegen auch bei der Kommission weder angemeldet noch von ihr genehmigt werden müssen. Die überarbeitete Verordnung ermöglicht es den Mitgliedstaaten, Betriebsinhaber in größerem Umfang auf einfache, schnelle, direkte und effiziente Weise zu unterstützen. Unter anderem wird die De-minimis-Obergrenze pro Unternehmen über einen Zeitraum von drei Jahren erhöht, und zwar von bisher 25.000 Euro auf 50.000 Euro.
Die Geltungsdauer der überarbeiteten Verordnung wird bis zum 31. Dezember 2032 verlängert. Sie wäre ansonsten am 31.12.2027 ausgelaufen. Im Zuge der Überarbeitung gab es eine öffentliche Konsultation sowie Sitzungen mit den Mitgliedstaaten. Viele Interessensvertreter sprachen sich dafür aus, die individuellen und die nationalen Obergrenzen anzuheben, um der Inflation und Marktentwicklungen Rechnung zu tragen.
Weitere Informationen
- Quelle: EU-Pressemeldung
- Pressemitteilung zu den beiden Vorschlägen in vollem Wortlaut
- strategischer Dialog über die Zukunft der Landwirtschaft der EU
- Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO)
- Richtlinie über unlautere Handelspraktiken
- De-minimis-Verordnung
- Kurzlink auf diesen Artikel: https://ogy.de/Bauern-staerken