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Von der Leyen vor der COP26: „Es geht in diesem Jahrzehnt um alles oder nichts“

Vor der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow vom 1. bis 12. November hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu entschlossenem Handeln aufgerufen. „Es geht in diesem Jahrzehnt um alles oder nichts. Die Konferenz ist für mich dann ein Erfolg, wenn es uns als internationaler Gemeinschaft gelingt, das große gemeinsame Klimaziel zu halten. Wir müssen uns auf konkrete Schritte zur Senkung der Emissionen einigen, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen“, schreibt sie in einem erschienenen Gastbeitrag im Handelsblatt und dem Tagesspiegel.

„Europa will bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Erde sein. Dafür werden wir bis zum Jahr 2030 den Ausstoß der Treibhausgase um mindestens 55 Prozent senken. Die Europäische Kommission hat vor zwei Jahren den Europäischen Green Deal ins Leben gerufen. Im April haben wir unsere Ziele in das erste europäische Klimaschutzgesetz gegossen“, so von der Leyen. „Damit liefern wir, was Europas Unternehmen schon seit Jahren fordern: Klare, glaubwürdige und verlässliche Ziele, die ihnen Planungssicherheit für die Zukunft geben. Und viele in der Welt folgen uns inzwischen: die USA, Japan, Südkorea und Südafrika. Sie alle verpflichten sich auf verbindliche Klimaziele. Das ist gut. Aber ebenso wichtig ist es, diese Ziele mit konkreten Vorhaben zu unterfüttern.“

Von der Leyen wird die EU-Kommission am 1. und 2. November auf dem Weltgipfel der Staats- und Regierungschefs vertreten, mit dem die COP26 offiziell eröffnet wird. Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans wird das Verhandlungsteam der EU leiten. Kommissarin Kadri Simson wird ebenfalls an der COP26 teilnehmen, und die EU lädt zu mehr als 150 Nebenveranstaltungen im EU-Pavillon ein.

Vor Journalistinnen und Journalisten in Brüssel betonte von der Leyen, dass die derzeitigen nationalen Beiträge nicht ausreichen werden, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Mit den derzeitigen Zielen würde im Gegenteil auch das 2-Grad-Ziel deutlich verfehlt. Hier erwarte sie sich von der COP26 Fortschritte. Ebenso müsse es mehr finanzielle Unterstützung für die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Länder geben. Drittens müsse es bei den Regeln für den internationalen CO2–Handel vorangehen.

Von der Leyen kündigte zudem an, in Glasgow gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden den „Global Methane Pledge“ ins Leben zu rufen, eine Initiative zur Verringerung der weltweiten Methanemissionen, der sich bisher 60 Länder angeschlossen haben. Die EU-Kommission werde zudem den Global Forest Pledge unterstützen, um Wälder weltweit zu schützen. Die dritte Initiative, die die Kommission unterstützten werden, drehe sich um Innovation und technologischen Fortschritt im Kampf gegen den Klimawandel. Über das Programm „Breakthrough Energy Catalysts“, das von der Leyen zudem gemeinsam mit Bill Gates lancieren, will, sollen beispielsweise Entwicklungen im Bereich sauberer Wasserstoff oder nachhaltiger Kraftstoffe unterstützt werden.

Erwartungen der Kommission an die COP26:

Die Kommission wird alle Vertragsparteien drängen, ihren Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris nachzukommen und ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Wir werden auch die Industrieländer dazu auffordern, ihre Klimafinanzierung aufzustocken, damit das in Paris vereinbarte Ziel von 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr erreicht wird, zu dem die EU einen Beitrag von bereits über 25 Mrd. US-Dollar leistet, den sie in Zukunft auch noch weiter aufstocken wird. Zudem werden wir an der Fertigstellung des „Pariser Regelwerks“ mitarbeiten.

Der für den europäischen Grünen Deal zuständige Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans sagte: „Wir müssen die Erkenntnisse der Wissenschaft, die Unterstützung der Bevölkerung und das Licht der Öffentlichkeit in den nächsten beiden Wochen unbedingt nutzen, um den Klimaschutz weltweit deutlich voranzubringen. Nur gemeinsam können wir die Zukunft der Menschheit auf diesem Planeten schützen. In den letzten Wochen habe ich mit Partnern aus der ganzen Welt zusammengearbeitet, um den Weg für die bevorstehenden Beratungen zu ebnen. Wir müssen jetzt alle handeln, um das Regelwerk des Übereinkommens von Paris fertigzustellen, unsere Emissionen schneller zu senken und die weltweit benötigte Klimafinanzierung bereitzustellen.“

Im Rahmen des Übereinkommens von Paris haben sich 195 Länder darauf geeinigt, „national festgelegte Beiträge“ festzulegen, die ihren jeweiligen Emissionsreduktionszielen entsprechen. Mit all diesen national festgelegten Beiträgen zusammen soll die durchschnittliche Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf unter 2 Grad Celsius – möglichst auf 1,5 Grad Celsius – begrenzt werden. Wie aus dem jüngsten UNFCCC-Synthesebericht, der in diesem Monat veröffentlicht wurde, hervorgeht, werden wir mit den derzeitigen national festgelegten Beiträgen die Ziele des Übereinkommens von Paris nicht erreichen, sondern auf eine gefährliche Erderwärmung um 2,7 Grad Celsius mit extrem schädlichen Auswirkungen zusteuern, die eine existenzielle Bedrohung darstellen.

Die Industrieländer haben sich verpflichtet, von 2020 bis 2025 insgesamt 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr für die internationale Klimafinanzierung zu mobilisieren, um insbesondere die am stärksten gefährdeten Länder und kleine Inselstaaten bei ihren Klimaschutz- und Anpassungsbemühungen zu unterstützen. Die EU, die mehr als ein Viertel zu diesem Ziel beiträgt, ist der größte Geber, und Präsidentin von der Leyen hat kürzlich angekündigt, dass bis 2027 weitere 4 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt bereitgestellt werden. Andere Partner müssen ihre Anstrengungen nun jedoch verstärken und die noch fehlenden knapp 20 Mrd. US-Dollar beisteuern. Die Klimafinanzierung wird benötigt, um gefährdete Gemeinschaften dabei zu unterstützen, sich vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen und eine saubere Wirtschaft aufzubauen.

Sechs Jahre nach der Verabschiedung des Übereinkommens von Paris wird die EU auch mit anderen Vertragsparteien auf der COP26 verhandeln, um das „Pariser Regelwerk“ mit Vorschriften und Verfahren für die Umsetzung des Übereinkommens fertigzustellen. Insbesondere streben wir eine Einigung an, die die Umweltintegrität der globalen CO2-Märkte sowie Transparenz und Berichterstattungspflichten gewährleistet. Ein gut funktionierender internationaler CO2-Markt kann zu zusätzlichen Investitionen in den ökologischen Wandel führen und die Emissionssenkungen auf wirtschaftlich effiziente Weise beschleunigen.

EU-Nebenveranstaltungen auf der COP26

Während der Konferenz werden im EU-Pavillon in Glasgow sowie online mehr als 150 Nebenveranstaltungen stattfinden. Diese Veranstaltungen, die von einer Vielzahl von Ländern und Organisationen aus Europa und der ganzen Welt organisiert werden, erstrecken sich über ein breites Spektrum klimabezogener Themen wie Energiewende, nachhaltige Finanzierung oder Forschung und Innovation.

Hintergrund

Die Europäische Union ist weltweit führend beim Klimaschutz, denn sie hat ihre Treibhausgasemissionen seit 1990 bereits um 31 Prozent gesenkt, während ihre Wirtschaft gleichzeitig um mehr als 60 Prozent gewachsen ist. Mit dem im Dezember 2019 vorgelegten europäischen Grünen Deal hat die EU noch ehrgeizigere Klimaziele festgelegt und sich verpflichtet, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Dies wurde mit der Verabschiedung und dem Inkrafttreten des Europäischen Klimagesetzes im Juli 2021 zu einem rechtsverbindlichen Ziel. Das Klimagesetz sieht auch das Zwischenziel einer Verringerung der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 vor. Dieses Ziel für 2030 wurde dem UNFCCC im Dezember 2020 als national festgelegter Beitrag der EU im Rahmen des Übereinkommens von Paris mitgeteilt. Um diesen Verpflichtungen nachzukommen, legte die Europäische Kommission im Juli 2021 ein Paket von Vorschlägen vor, mit denen die Klima-, Energie-, Landnutzungs-, Verkehrs- und Steuerpolitik der EU so gestaltet werden soll, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden.

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