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Zwei Drittel der Deutschen halten Antisemitismus für ein Problem

Davidstern Thora 300Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Europäischen Kommission, besuchte am Dienstag, 22. Januar, das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und traf den Krakauer Bürgermeister Jacek Majchrowski. Er diskutierte in Krakau im Rahmen eines Bürgerdialogs unter anderem auch mit Holocaust-Überlebenden darüber, wie wir die Lehren der Vergangenheit auch für die Zukunft bewahren können.

Vor dem Internationalen Holocaust-Gedenktag am Sonntag, 27. Januar, hat die Europäische Kommission am Dienstag, 22. Januar, eine Umfrage zum Antisemitismus in Europa veröffentlicht. In Deutschland wird der Hass auf Juden demnach als wachsendes Problem wahrgenommen: 66 Prozent der Deutschen meinen, dass Antisemitismus in ihrem Land ein Problem sei (EU28: 50 Prozent), höhere Werte verzeichnen nur Schweden (81 Prozent) und Frankreich (72 Prozent). Mehr als sechs von zehn Deutschen (61 Prozent) denken, dass der Antisemitismus in den vergangenen fünf Jahren zugenommen habe (EU28: 36 Prozent), der zweithöchste Wert nach Schweden (73 Prozent). Bereits im Dezember hatte die EU-Agentur für Grundrechte einen Bericht veröffentlicht, nach dem neun von zehn Juden in Europa der Meinung sind, dass der Antisemitismus gestiegen sei.

Timmermans erklärte vor seinem Besuch in Krakau: „Leider zeigt der Antisemitismus noch immer seine hässliche Fratze in ganz Europa. In einer Zeit, in der Hass wieder zu einem politischen Werkzeug geworden ist, leben unsere jüdischen Gemeinschaften allzu oft in der Angst, Opfer von Diskriminierung, Missbrauch und sogar Gewalt zu werden. Wann immer gegenseitige Achtung und Toleranz unter Druck geraten, wird der Antisemitismus zunehmen. Deshalb ist es wichtig, dass jeder europäische Bürger weiß und versteht, welche Schrecken der Antisemitismus in unserer Geschichte ausgelöst hat. Da die letzten Überlebenden des Holocaust sterben, liegt die Verantwortung, die Erinnerung an diese dunkelsten Seiten unserer Geschichte am Leben zu erhalten, auf den Schultern unserer und künftiger Generationen. Es ist unsere heilige Pflicht, das Andenken an sechs Millionen Opfer zu ehren. Damit sie nicht vergessen werden, damit die Schrecken der Vergangenheit nicht wieder aufleben.“

Mehr als die Hälfte der Europäer (53 Prozent)und 71 Prozent der Deutschen halten die Holocaustleugnung in ihrem Land für ein Problem, und europaweit glauben nur 4 von 10 Menschen (43 Prozent), dass der Holocaust genügend in der Schule unterrichtet wird (Deutschland:  50 Prozent). Nur 22 Prozent der Europäer (Deutschland: 27 Prozent) fühlen sich gut über die Geschichte, Bräuche und Gepflogenheiten ihrer jüdischen Mitbürger informiert.

EU-Kommissarin Vera Jourová, die am Montag, 22. Januar, eine Rede im Jüdischen Museum in Brüssel zum Kampf der Juncker-Kommission gegen Antisemitismus gehalten hat, fügte hinzu: „Wir mögen die Präsenz der jüdischen Gemeinden in Europa als selbstverständlich betrachten. Aber 74 Jahre nach dem Ende des Holocaust wissen wir, dass es keine Selbstverständlichkeit ist.“

Die heute veröffentlichte Eurobarometer-Umfrage wurde unter 27.600 Personen in den 28 EU-Mitgliedstaaten durchgeführt. Der Holocaust-Gedenktag  am 27. Januar markiert den Tag, an dem die Alliierten vor 74 Jahren das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit haben.