Die meisten Deutschen (82 Prozent) und Europäer (68 Prozent) unterstützen eine gemeinsame europäische Einwanderungspolitik.
Für 76 Prozent der Deutschen ist das Thema Einwanderung das wichtigste Problem, dem sich die EU derzeit gegenübersieht. Dies geht aus dem am Montag, den 15.02.2016, veröffentlichten nationalen Eurobarometer hervor. Richard Kühnel, Vertreter der EU-Kommission in Deutschland, sagte zu den Ergebnissen: "Das Image der EU hat in der Flüchtlingskrise gelitten, aber man entlässt die EU auch nicht aus der Verantwortung: Die Bevölkerung erwartet, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gemeinsam handeln."
Von einer abstrakten Lage ist die Frage der Einwanderungspolitik zu einem Thema geworden, das die Menschen direkt vor Ort betrifft: Nach den dringendsten Problemen gefragt sagen 76 Prozent (+21 Pp) der Deutschen und 58 Prozent (+20 Pp) der Europäer, dass die Einwanderung derzeit Europas wichtigstes Problem darstellt.
Das 84. Eurobarometer wurde zwischen dem 7. und 17. November 2015 in den 28 Mitgliedstaaten der EU, den fünf Kandidatenländern Türkei, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Island, Serbien und Montenegro sowie der türkisch-zypriotischen Gemeinschaft durchgeführt.
Im Vergleich zur vorherigen Befragung im Mai 2015 – bei der das Thema Einwanderung auch schon von 46 Prozent der Deutschen als wichtigste Herausforderung Deutschlands genannt wurde (EU: 23 Prozent) – ist es mit einem Anstieg um noch einmal 30 Prozentpunkte endgültig zum zentralen Politikthema geworden (DE: 76 Prozent, +30Pp; EU: 36 Prozent, +13 Pp). Jeder fünfte Deutsche (20 Prozent, +12 Pp) fühlt sich mittlerweile persönlich von den Folgen der Migration betroffen – mehr als doppelt so viele wie in anderen Ländern der Europäischen Union (EU: 9 Prozent, +3 Pp).
Nach wie vor unterstützen die meisten Deutschen (82 Prozent, -2 Pp) und Europäer (68 Prozent, -5 Pp) eine gemeinsame europäische Einwanderungspolitik. Dabei wünschen sich relative Mehrheiten der Deutschen (43 Prozent, -2 Pp) wie der Europäer und (36 Prozent, +/-0 Pp) eine Einwanderungspolitik die sowohl auf europäischer, als auch nationaler Ebene stattfindet. Für eine rein nationale Lösung plädieren lediglich Minderheiten in Deutschland (11 Prozent, +1 Pp) und Europa (21 Prozent, +2 Pp). Immer mehr Deutsche und Europäer haben überdies den Eindruck, dass an den EU-Außengrenzen nicht ausreichend starke Grenzkontrollen stattfinden (DE: 31 Prozent, +9 Pp; EU: 24 Prozent, +6 Pp).
Stimmungsumschwung zur Einwanderung
Bei der Bewertung von Migration zeigen sich abhängig davon, woher ein Mensch stammt beträchtliche Unterschiede. Eine Mehrheit der Deutschen (57 Prozent, -2 Pp) und Europäer (55 Prozent, +4 Pp) empfinden die Einwanderung von Menschen aus anderen EU-Staaten als positiv, während die Einwanderung von Menschen von außerhalb der Europäischen Union bei einer Mehrheit der Deutschen (58 Prozent, +4 Pp) und Europäer (59 Prozent, +3 Pp) ein negatives Gefühl hervorruft.
In Deutschland haben unter den befragten Ostdeutschen mit 72 Prozent (+10 Pp) der Befragten signifikant mehr ein schlechtes Gefühl bei der Einwanderung von Nicht-EU-Bürgern, als die befragten Westdeutschen (56 Prozent, +5 Pp).
Bei der Entwicklung der Aussagen zum wahrgenommenen Beitrag von Einwanderungen zur eigenen Gesellschaft gibt es einen Stimmungsumschwung: War bei der vorhergehenden Befragung noch eine Mehrheit der Deutschen 52 Prozent und immerhin eine relative Mehrheit von 46 Prozent der Europäer insgesamt der Meinung, Einwanderer leisteten einen großen Beitrag für Deutschland, so glauben daran mittlerweile nur noch 44 Prozent (-8 Pp) der Deutschen und 41 Prozent (-5 Pp) der Europäer.
Deutsche gegen TTIP, aber für Freihandel
Eine deutliche und stärker gewordene Mehrheit der Deutschen lehnt das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA ab (59 Prozent, +8 Pp), während europaweit 53 Prozent (-3 Pp) der Befragten für ein solches Abkommen sind. Den Abbau von Handelsbeschränkungen finden allerdings beinahe drei Viertel der Deutschen 73 Prozent, -1 Pp) und 69 Prozent (-1 Pp) der Europäer gut. 43 Prozent (+3 Pp) der Deutschen und 41 Prozent (+/-0 Pp) der Europäer lehnen Protektionismus ab. Eine stärkere Abschottung zum Beispiel durch Zölle befürworten 29 Prozent (+5 Pp) der Deutschen und 38 Prozent (+1 Pp) der Europäer insgesamt. Für eine Mehrheit der Deutschen (51 Prozent, +6 Pp) und immerhin noch eine relative Mehrheit der Europäer (46 Prozent, +3 Pp) ist der Begriff "Globalisierung" positiv besetzt.
"Das TTIP-Abkommen ist gerade in der Exportnation Deutschland wichtig. Die Bedeutung des Freihandels wird von der Bevölkerung ja durchaus gesehen. Die Europäische Kommission tut ihr Möglichstes, um den verbreiteten Ängsten und Sorgen gegenüber TTIP durch Transparenz und sachliche Information zu begegnen", sagte Kühnel.
Freizügigkeit wird geschätzt
Eine große Mehrheit der Deutschen (79 Prozent, -5 Pp) und Europäer (71 Prozent, -4 Pp) halten eine der zentralen Errungenschaften der Europäischen Union, nämlich das Recht ihrer Bürger, in jedem Mitgliedstaat der EU zu leben, für eine gute Sache. Das gleiche gilt für das Recht jedes EU-Bürgers in jedem Staat der EU zu arbeiten. Auch dieses Recht unterstützt eine breite Mehrheit der deutschen (80 Prozent, -5 Pp) und europäischen (74 Prozent, -2 Pp) Befragten.
58 Prozent (+/-0 Pp) der Deutschen fühlen sich als Deutsche und als Europäer. Ausschließlich als Deutsche fühlen sich 30 Prozent (+5 Pp) der befragten Deutschen. Ähnlich sieht es europaweit aus. Als Staatsbürger ihres Landes und als Europäer empfinden sich 51 Prozent (-1 Pp) der Befragten, während europaweit sich 41 Prozent (+3 Pp) ausschließlich als Bürger ihres eigenen Landes empfinden.
Dass die gemeinsame Kultur der Staaten der Europäischen Union am ehesten ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt, glauben 29 Prozent (-1 Pp) der Deutschen und 28 Prozent (+1 Pp) der Europäer. An zweiter Stelle steht für die Deutschen die Rechtstaatlichkeit der EU (27 Prozent, +2 Pp), an dritter ganz allgemein gemeinsame Werte (24 Prozent, +4 Pp). Europaweit steht an zweiter Stelle die gemeinsame Geschichte (24 Prozent, +3 Pp) und der Sport (22 Prozent, +3 Pp).