In Zukunft muss 40 bis 45 Jahre gearbeitet werden, um eine angemessene Rente beziehen zu können
Damit die Rentensysteme in Europa auch künftigen Generationen angemessene Altersbezüge sichern können, müssen möglichst viele Menschen bis zum Erreichen des gesetzlichen Mindestalters erwerbstätig sein.
Dies ist eines der Ergebnisse eines am Montag, 05.10.2015, vorgestellten Berichts über die Rentensysteme in der EU mit ausführlichen Länderprofilen für alle Mitgliedstaaten. Sozialkommissarin Marianne Thyssen sagte dazu: "Die jüngsten Rentenreformen haben sich darauf konzentriert, dass Renten und Pensionen einer sehr viel größeren älteren Bevölkerungsgruppe zugutekommen können, ohne die öffentlichen Haushalte zu destabilisieren. Dies kann nur erreicht werden, wenn die große Mehrheit der Erwerbstätigen genug Möglichkeiten hat, weiter zu arbeiten, bis das gesetzliche Rentenalter erreicht ist. Das gesetzliche Rentenalter dürfte in der gesamten EU weiter steigen. Wir müssen genug in die Qualifikationen und die Gesundheit der Menschen investieren, damit sie in der Lage sind, diese Möglichkeiten auch zu nutzen. Wir müssen auch solidarisch sein mit denen, die dazu nicht in der Lage sind und Arbeitslosenleistungen oder Leistungen bei Invalidität benötigen, bevor sie das Rentenalter erreichen."
Laut dem Bericht bieten die Renten und Pensionen in der EU insgesamt den meisten Menschen derzeit ausreichenden Schutz vor Armut und eine angemessene Einkommenssicherheit im Alter. Insgesamt haben die älteren Menschen in der Europäischen Union einen ähnlichen Lebensstandard wie die jüngere Bevölkerung. Im EU-Durchschnitt beträgt das mittlere verfügbare Einkommen der über 65-Jährigen 93 Prozent des Einkommens der Personen unter 65. Sogar während der Krise waren ältere Menschen besser geschützt als andere Altersgruppen. Mehrere Mitgliedstaaten müssen sich jedoch noch stärker darum bemühen, das Armutsrisiko im Alter zu bekämpfen und Einkommenssicherheit und gewährleisten.
Vollständige Erwerbslaufbahn wird immer wichtiger
In Zukunft wird es zunehmend wichtiger werden, eine vollständige Erwerbslaufbahn mit Beitragszeiten von 40 bis 45 Jahren vorzuweisen, um eine angemessene Rente bzw. Pension zu beziehen. Durch die jüngsten Rentenreformen wurden der Zugang zur Frührente eingeschränkt und das Renteneintrittsalter schrittweise angehoben. Der Bericht zeigt, dass diese Reformen wirksam zum Erhalt angemessener Renten beitragen und gleichzeitig die finanzielle Tragfähigkeit der Rentensysteme bewahren können. Voraussetzung dafür ist aber, dass sie einhergehen mit Reformen der Arbeitsmarktpolitik und der Beschäftigungspraxis, damit Frauen und Männer länger in Beschäftigung bleiben.
Der Bericht zur Angemessenheit der Renten und Pensionen wird alle drei Jahre vom Ausschuss für Sozialschutz vorgelegt. Er überwacht auf EU-Ebene, inwiefern Renten und Pensionen den Menschen ein ausreichendes Einkommen im Alter sichern, sie vor Armut schützen und ihnen einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen.
Im EU-Schnitt erhalten Frauen 40 Prozent weniger Rente als Männer
In allen Mitgliedstaaten sind die Rentenbezüge nach wie vor von geschlechtsspezifischen Unterschieden geprägt: Frauen sind stärker von Armut betroffen und beziehen niedrigere Renten als Männer, weil sie weniger verdienen und aufgrund familiärer Verpflichtungen ein kürzeres Erwerbsleben haben. Frauen leben außerdem länger als Männer; sie verwitwen häufiger und leben häufiger in prekären Einpersonenhaushalten. Im EU-Durchschnitt erhalten Frauen 40 Prozent weniger Rente als Männer. Das geschlechtsbedingte Rentengefälle kann verringert werden – dazu sind jedoch oft langfristiger Anstrengungen notwendig, die Strategien der Chancengleichheit in mehreren Politikbereichen lange bevor die Menschen das Rentenalter erreichen mit Reformen des Rentensystems verbinden.
Im Zuge der jüngsten Rentenreformen wurde das Renteneintrittsalter heraufgesetzt, und die Möglichkeiten eines früheren Eintritts in den Ruhestand wurden eingeschränkt. Der Erfolg dieser Reformen hängt in hohem Maße davon ab, ob ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch bei einem späteren Renteneintrittsalter weiter arbeiten können. 2012 hatte nur etwa die Hälfte der Personen, die in den Ruhestand gingen, das gesetzliche Rentenalter erreicht. Gründe für einen früheren Ruhestand sind Gesundheit, Arbeitslosigkeit und familiäre Verpflichtungen. Es wird daher von entscheidender Bedeutung sein, Menschen mit den notwendigen Qualifikationen auszustatten und ihnen die notwendige gesundheitliche und soziale Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie ihre Beschäftigungsfähigkeit auch mit fortschreitendem Alter bewahren.